Name: Ullrich Krause
Geburtsort: Lübeck
Beruf: Programmierer
Jahrgang: 1967
Eintritt in den LSV: 27.11.1981
Familienstand: ledig

In welchem Alter und von wem hast Du das Schachspiel gelernt?
Als ich etwa acht oder neun Jahre alt war, hat mich ein Klassenkamerad in die Geheimnisse des Schachspiels eingeweiht. Vielleicht war es auch meine Großmutter - zumindest war sie in den ersten Jahren meine einzige Anlaufstelle, wenn mir die Regeln nicht ganz klar waren. Im Nachhinein betrachtet bin ich mir nicht sicher. ob sie die Regeln vollständig beherrscht hat, aber auch in diesem Fall glaube ich, dass mir das nicht sehr geschadet hat...
Welches ist Deine Lieblingspartie und warum?
Das ist eine sehr schwierige Frage, die sich auch nach längerem Nachdenken nicht beantworten läßt - was wiederum darauf schließen läßt, dass die Antwort lautet "Ich habe keine Lieblingspartie.".
Wenn ich spontan mehrere Partien nennen sollte, die mich nicht nur beim ersten Nachspielen sehr beeindruckt haben, wären das die folgenden:
Zuckertort - Blackburne
Rotlewi - Rubinstein
Spasski - Fischer (13.Wettkampfpartie 1972)
Karpow - Kasparow (16.Wettkampfpartie 1985)
Aber vermutlich wären es vier andere Partien, wenn ich mir die gleiche Frage morgen stelle...
Wer ist Deiner Meinung nach der beste Schachspieler aller Zeiten und warum?
Auch wenn meine persönliche Meinung von ihm nicht die allerbeste ist: Gary Kasparow ist inzwischen seit fast 20 Jahren der mit Abstand stärkste aktive Spieler, und eine solche Position über einen so langen Zeitraum durchgehend zu behaupten, ist eine Leistung, die man einfach anerkennen muß.
Andererseits war Lasker noch länger Weltmeister, und wenn es damals bereits ELO - Zahlen gegeben hätte, könnte man seine Dominanz vielleicht ebenso mit harten Fakten belegen.
Dennoch halte ich Kasparow für den komplettesten Spieler aller Zeiten, und die meisten seiner Partien sind mir dermaßen unverständlich (den meisten seiner Gegner vermutlich auch), dass ich nur meinen Hut ziehen kann.
Was fasziniert Dich am meisten am Schachspiel?
Ich habe die Regeln des Schachspiels schon so oft erklärt (schließlich war ich zwölf Jahre lang Jugendwart), dass ich es inzwischen in etwa einer halben Stunde schaffe, mit einem zehnjährigen Kind die erste Schachpartie seines Lebens zu spielen.
Andererseits versuche ich seit mehr als 20 Jahren, die Geheimnisse dieses Spiels zu ergründen, und ich bin diesem Ziel nur ein kleines Stück näher gekommen.
Diese Diskrepanz zwischen Einfachheit und Komplexität beeindruckt mich nach wie vor beim Schachspiel.
Darüber hinaus finde ich es immer wieder faszinierend, wenn ein und dieselbe Stellung von verschiedenen Spielern (die etwa die gleiche Spielstärke haben) ganz unterschiedlich beurteilt wird. Hier kommt die psychologische Komponente des Schachspiels voll zum Tragen, die dafür sorgt, dass sich gewisse Charakterzüge der Spieler direkt auf ihre Spielweise auswirken.
Hast Du schachliche Ziele und wenn ja, welche?
In meinem Alter hat man eigentlich keine Ziele mehr (zumindest keine schachlichen). Das Ziel kann eigentlich nur sein, die erreichten Bastionen (DWZ-/ELO-Zahl) zu behaupten und zu hoffen, dass dieser Zustand noch möglichst lange anhält.
Ich habe mir dennoch vorgenommen, irgendwann einmal sowohl im Bereich der nationalen als auch der internationalen Wertungszahl die magische Grenze von 2300 zu überspringen, denn das Gefühl, der einzige Nicht-Titelträger in der Mannschaft zu sein, nervt gelegentlich doch...
Wie ist Deine Meinung zum Computerschach?
Aufgrund meiner beruflichen Tätigkeit habe ich eine gewisse Vorstellung davon, was man einem Computer "beibringen " kann und was nicht. Die unglaublich hohe Spielstärke der heutigen Schachprogramme finde ich faszinierend, obwohl sicherlich auch die rasante Entwicklung in der Computer-Technologie (i.e. die sehr leistungsfähigen PCs) ihren Teil dazu beigetragen hat, dass es einem normalen Sterblichen nicht mehr möglich ist, gegen Fritz o.ä. zu bestehen.
Beunruhigend finde ich allerdings die Tatsache, dass es auch Kramnik und Kasparow offenbar nicht mehr möglich ist, sich gegen einen Computer durchzusetzen.
Andererseits ist die Lösung dieses Problems ganz einfach: Man läßt die Computer und die Menschen jeweils untereinander spielen und verzichtet auf Leistungsvergleiche zwischen beiden - schließlich tritt ein Hundertmeter-Läufer auch nicht gegen einen Ferrari an...
(OK, OK, der Vergleich ist nicht von mir, aber er beschreibt die Situation wirklich sehr treffend.)